Andreas Wienekes Bergtouren Seiten
Ich war am Vortag bereits angereist. Der Reisetag war wunderbar und ich konnte fast die ganze Strecke mit offenen Dach fahren. Nur in der Nähe von Kempten erwischte mich wieder der Regen. Bis zum Treffen um 12 Uhr hatte ich noch einige Zeit die ich nutzte, um mich noch etwas in der Gegend umzusehen. Das Wetter war wunderbar, blauer Himmel, und die Ausblicke von Hochgurgl und Hochsölden einfach überwältigend.
 
Mittags traf ich dann beim Gasthof Neue Post in Zwieselstein den Bergführer Wolfgang, Jürgen, Achim, Helmar und etwas später kam noch Thomas mit dem Bus an. Nach einer kleinen Erfrischung parkten wir unsere Fahrzeuge am Bach bei der Talherberge Zwieselstein. Der Bus brachte uns nach , ein Ort den man nicht unbedingt besuchen muß. Wir waren faul und benutzten den Sessellift um uns auf den unteren Bruggboden hochziehen zu lassen; hier begann nun die eigentliche Wanderung.
 
Der Weg {922} führt leicht steigend, dann über eine kleine Steilstufe bergaufwärts. Schon nach kurzer Zeit erreichten wir die Jausenstation Schönwieshütte. Bis hierhin schafften es auch viele "Halbschuhtouristen". Unser Weg führte uns jedoch weiter. Zunächst verlor der Weg ein paar Höhenmeter auf dem Weg zur Gurgler Alpenhütte. Von dort aus führte er auf fast ebenem Weg hoch über den Gurgler Ache nach SW. Erst kurz vor der Langtalereck Hütte steigt den Weg wieder ca. 100 Hm an, passiert eine ehemalige Zollhütte und führt leicht abfallen hinüber zur Hütte. Auf diesem Weg trafen wir die einzige Frau der Gruppe, Elisabeth. Sie hatte tags zuvor auf der übernachtet, war dann schon zum Hochwilde Haus aufgestiegen und kam uns nun hier entgegen. Gemeinsam machten wir eine kleine Pause in der Hütte. Von hier aus sehr gut zu erkennen war das gegenüber liegende Ramolhaus. Wir nahmen das Angebot des Hüttenwirtes gerne an, unsere Rucksäcke mit dem Materiallift zum Hochwilde Haus hochgondeln zu lassen.
 
Von der Hütte aus fällt der Weg wieder ca. 100 Hm ab; im Talboden befindet sich eine gute Stahlbrücke über die wir den Abfluß des Langtaler Ferners querten. Nun begann der letzte Teil des Aufstiegs zum Hochwilde Haus zunächst mit der Umrundung des Nordgrats der Schwarzen Spitze. Dabei stieg der Weg steil an, hin und wieder überwanden wir in leichter Blockkletterei die eine oder andere Steilstufe. Bald jedoch wurde Weg flacher, wir passierten rechts den Abzweig zum Ramolhaus und befanden uns schließlich auf der östlichen ehemaligen Seitenmoräne des Gurgler Ferners. Nun war es nur noch ein kurzes Stück hinüber zur Hütte, allerdings mußten wir kurz vor der Hütte noch mal eine kleine, ca. 100 Hm hohe Steilstufe überwinden. Am späten Nachmittag erreichten wir dann das .
 
Die Hütte ist sehr urig, der Wirt sehr herzlich und das Essen war prima, insgesamt absolut empfehlenswert! Sie zählt zu den ältesten der Alpen, 1830 stand hier die bereits eine erste primitve Unterkunft. Abends sahen wir noch eine schönen Sonnenuntergang hinter den gegenüber liegenden Bergen, allerdings war es auch schon wieder empfindlich kalt geworden.
 

 
An diesem ersten Tourentag konnten wir ausschlafen, wir standen erst um halb sieben auf und um 8 Uhr war Abmarsch. Zuvor studierten wir aber noch den Anstieg zum Schalfkogel der für den folgenden Tag vorgesehen war. Das Wetter war ausgezeichnet, blauer Himmel, und von der Hütte aus gings auf gut markiertem Weg ({922} rot weiße Marken und Steinmandl) zunächst einige Zeit sehr moderat ansteigend auf der Seitenmoräne des Gurgler Ferners entlang. In ca. 2.900 m Höhe betraten wir dann den Gletscher. Das war, da er hier unten völlig aper war ohne Steigeisen oder Sicherungsmaterial möglich. Wir querten den Gletscher hinüber zum nördlichen Wandfuß des Mitterkamms.
 
Hier legten wir Gurte, Seil und, des leichteren Gehens wegen, auch unsere Steigeisen an und nach einer kleinen Pause gings weiter auf den Paß zwischen Mitterkamm und Annakogel zu. Diesen erreichten wir auch schon bald, nach dem der Gletscher etwas steiler geworden war. Es ging in eine kleine Senke hinab und weiter über zwei kurze Steilstufen hinauf zum Paß zwischen Annakogel und Hoher Wilde. Schließlich folgte noch ein kurzes steiles Stück auf dem NW-Firngrat der Hohen Wilde. Wir umgingen einen ersten Turm südseitig auf dem Firn und ließen unsere Steigeisen und Stöcke am Einstieg zum Gipfel zurück.
 
Zunächst gings ein kleines pseudo IIer Stückchen (ca. 10 Hm) hinauf, pseudo, weil es massiv mit Stahlseilen versichert war. Es folgte ein kurzes Auf und Ab über den Grat und schließlich noch eine schräge Platte, die einerseits mit geschlagenen Stufen und anderseits ebenfalls mit einem Stahlseil versichert war. Zum Schluß gings noch mal in leichtem Ier Gelände einige Hm hinauf zum Gipfel (3461 m) der italienisch übrigens L'Altissima heißt. Die Sicht von hier oben war, da nach Norden wolkenlos, grandios. Wir konnten die Ziele der nächsten Tage Schalfkogel, Fineil Spitze, Fluchtkogel, und Wildspitze eben so wie die restlichen mächtigen Gipfel der Ötztaler Alpen: Similaun, Hintere Schwärze und Weißkugel gut sehen. Obwohl im Süden über Italien dicke Wolken hingen, lugten gelegentlich die Eisriesen der Ortler Gruppe im Südwesten aus den Wolken hervor.
 
Am Ende meiner Frühjahrestour über den Meraner Höhenweg hatte ich die Hohe Wilde von Pfelders aus bereits von unten gesehen, der Blick zurück war nun leider durch dicke Wolken verwehrt, schade. Wären wir über den südlichen, und mit 3.482m übrigens auch 21 m höheren Gipfel weitergegangen, könnten wir eisfrei in leichter Ier Kletterei hinab zur am Meraner Höhenweg gelangen.
 
Nach einer langen, ausgiebigen Pause machten wir uns wieder auf den Rückweg, der über den inzwischen jedoch sehr sulzigen Aufstiegsweg verlief. Der untere apere Teil des Gletschers war inzwischen ebenfalls recht aufgeweicht. Abends gab es wieder ein tolles Essen auf der Hütte.
 

 
An diesem Tag gings bereits 1 ½ Stunden früher als am Vortag los. Zunächst von der Hütte aus unmittelbar 80 Hm hinab zum Gletscher. Diesen querten wir hinüber zur nördlichen Seite des vom Schalfkogel steil hinabziehenden Kleinleiten Ferners. Nun folgten ca. 300 Hm Aufstieg über einen sehr steilen unangenehmen Weg, der teils über Geröll teils über Fels verlief. Im Oberen Teil überraschte uns der Weg mit verborgenen Eisflächen auf denen Geröll lag und die man daher so nicht leicht erkennen konnte. Außerdem begann der Teil schon zu dieser frühen Stunde durch tauendes Eis Steinschlag gefährdet zu werden. Helmar und Achim waren glücklicherweise weit genug weg, als sich oberhalb von uns einige Steine lösten und zwischen ihnen und uns hinabsausten, Schwein gehabt! In ca. 3.100 m Höhe, auf dem Geröll am Rand des Gletschers legten wir die Ausrüstung an und machten erst mal eine Pause.
 
Nach der Pause querten wir den Kleinleiten Ferner zunächst in Richtung Süden auf die Kleinleitenspitze zu. Nach einiger Zeit gings dann weiter, einige größere Spalten querend, nach Westen unmittelbar auf das Schalfkogel Joch zu. Hier pausierten wir kurz und ließen unsere Rucksäcke zurück, um zum Schalfkogel Gipfel aufzusteigen. Da die Schnee/Firnfelder im Aufstieg zu steil waren wichen wir auf den felsigen Grat aus, den wir in leichter Ier Kletterei hinaufgingen. Vor dem Gipfel querten wir ein fast ebenes Fußballfeld großes Geröllstück und über einen letzten Firngrat erreichten wir schließlich den Gipfel (3.540 m). Da der Tag wieder wunderbar war, genossen wir die fast wolkenlose Aussicht auf die anderen Gipfel der Ötztaler Alpen, aber auch bis hinüber zu den Stubaiern und sogar in die Ortler Gruppe die aber wie ganz Südtirol teils in Wolken war.
 
Nach kurzer Zeit machten wir uns an den Abstieg. Dieser verlief zunächst bis zum Schalfkogel Joch und dann auf dessen Westseite sehr steil hinab. Leider erreichten wir den Nördlichen Schalfferner nicht, da auf Grund der geringen Schneemenge die Gletscher Oberfläche zu weit unten war. Wolfgang ließ ein Seil aus, an dem wir uns erst ca. 20 Hm die Felsen runter und dann den oberen, steilen Teil des Gletschers bis so gerade eben über die Randkluft abließen. Achim "lotete" dabei die tiefe der Randkluft etwas aus. Sie war jedenfalls tiefer als von seinen Füßen bis zur Brust ;-). Danach gings zunächst in Richtung SW und in ca. 3.150 m Höhe dann nach NW den sulzigen Gletscher hinab. Bei ca. 3.050 m verließen wir den Gletscher nördlich und es folgte ein ca. 200 Hm anstrengender Abstieg über die geröllig, sehr rutschige ehemalige Seitenmoräne des Gletschers hinab zum Schalfferner.
 

 
Nun gings noch ein gutes Stück über den unteren sulzig, aperen Teil des Ferners, der am Ende mit einem wunderschön großen Gletschertor protzt. Weiter gings entlang des Tals einige Zeit auf der nördlichen Seite des Bachbettes, bis zu einer "Brücke" (zwei Bretter) über den tosenden Bach. Von dort noch weiter das Tal abwärts und zwei kleine Steilstufen hinauf. Von dort aus sieht man, daß man die Martin Busch Hütte jedoch erst nach einem ca. 100 Hm Abstieg und einem ca. 200 Hm steilen Gegenanstieg erreicht. Bevor wir die Hütte dann jedoch wirklich erreichten gingen wir noch ca. 200m weit oberhalb einer eindrucksvollen Klamm entlang durch die das Schmelzwasser des Marzellferners tosend zu Tal stürzt. Schließlich querten wir die letzte Brücke und gingen wiederum oberhalb der Klamm entlang. Nach fast 10 Stunden erreichten wir endlich die . Abends regnete es ein bißchen aber wir hofften auf einen weiteren schönen Tag.
 
Die ursprüngliche Hütte, die alte Samoarhütte, stand etwa 200 m entfernt auf 2.527 m Höhe. Sie war 1877 vom Gastwirt Josef Grüner aus Sölden errichtet worden. Die neue Hütte wurde 1938 als Hermann Göring Haus errichtet. 1945 - 1956 hieß der Neubau Neue-Samoar-Hütte, 1956 erhielt sie dann nach dem Österreicher Martin Busch ihren jetzigen Namen.
 
An diesem Morgen erwartete uns wieder ein klarer Himmel, allerdings war es mit ca. 20°C an der Hütte immer noch sehr warm. Von der Hütte aus gings zunächst 50 Hm steil aufwärts, dann aber gemütlich steigend das Tal aufwärts. Etwa unterhalb der Sayplatten stieg den Weg wieder etwas steiler an und führte uns nach SW, vorbei an der Fundstelle das Similaun Mannes, auf das Tisen Joch zu. Kurz vor Erreichen des Joches jedoch stiegen wir eine kleine Steilstufe nach N hinauf und gingen dann weiter hinauf zum Hauslab Joch. Hier pausierten wir und ließen unsere Rucksäcke zurück, um die Fineil Spitze zu besteigen.
 
Wir legten die Ausrüstung an und gingen los. Der Anstieg verlief auf dem oberen Hochjoch Ferner zunächst nach SW, dann S-förmig nach W auf den Fuß des NO-Grates der Fineil Spitze zu. Ohne Steigeisen und Stöcke stiegen wir nun den Grat in schöner, leichter Ier Blockkletterei zum Gipfel hinauf.
 
Ober genossen wir fast eine halbe Stunde die Sonne und die Aussicht. Der Abstieg den Grat hinunter und zum Hauslab Joch verlief fast wieder auf dem Aufstiegsweg.
 
Nun machten wir uns an den Abstieg. Der verlief an rechten Rand des Hochjoch Ferners südlich unterhalb des Hauslab Kogels vorbei und auf den NW-Grat des Saykogels zu. Spalten waren in dem Bereich den wir querten kaum zu sehen, weder im Firnbereich noch im aperen Bereich. Wir verließen den Gletscher etwa in 3.050 m Höhe und trafen bald auf den über den Saykogel verlaufenden Weg. Weiter gings, teilweise steil abwärts, über zig Bäche. Der Hochferner Bach wurde über eine stabile Eisenbrücke nach NW gequert. Nach kurzem, fast ebenem Weg gings 120 Hm steil hinab in das Tal des Hintereisferner Baches. Wie am Vortag auch erwartete uns am Ende des Wandertages wieder ein ca. 100 Hm hoher Gegenanstieg um das zu erreichen.
 

 
Das Hospiz, das im September 2002 sein 75 jähriges Jubiläum feierte, ist eine sehr urige Hütte. Die Wirtsfamilie Wimmler war sehr nett zu uns und wir wurden in 2er Zimmern untergebracht. Lediglich der Waschraum war mit vier Plätzen zur "Rush-hour" ein wenig klein, aber wir arrangierten uns damit.
 
Besonders bemerkenswert war allerdings das Frühstücksbüffet am nächsten Morgen. Es war sehr reichhaltig und vielfältig, sogar Schafskäse und Oliven gab es; und das bei ausschließlicher Heli Versorgung der Hütte, Kompliment. Nachts regnete es noch einmal, diesmal aber deutlich stärker als am vorherigen Abend. Mehr zum Hochjoch Hospiz findet Ihr im Magazin Panorama des Deutschen Alpenvereins, Ausgabe 4/2002.
 

An diesem Morgen brachen wir wieder früh auf, wir wollten nicht wieder so lange über sulzige Gletscher absteigen müssen. Von der Hütte aus gings zunächst ca. 200 Hm steil nach N den Hang hinauf {902}. Wir gingen nun über den Delorette-Weg auf den Kesselwand Ferner zu. Unterhalb der Westwand der Hinteren Guslar Spitze wurde der Weg dann wieder steiler und er führte sehr ausgesetzt auf den Ostrand des Gletschers zu, den wir in ca. 3.050 m Höhe betraten.
 
Wir legten unsere Ausrüstung an und gingen als Seilschaft den zunächst moderat ansteigenden Gletscher aufwärts. Rechts von uns (westlich) lag auf dem südlichen Wandfuß der Dahmann Spitze oberhalb des Kesselwand Jochs das ansonsten völlig von Gletschern umgebene . Unzählige Stangen wiesen auf dem Kesselwand Ferner den Weg dorthin. Unser Weg führte uns jedoch weiter nach N über eine kleine Steilstufe hinauf zum Oberen Guslar Joch. Hier deponierten wir unsere Rucksäcke und machten uns auf den Weg zum Gipfel des Fluchtkogels. Zunächst leicht ansteigend wurde der Weg zunehmend steiler. Kurz vor einer Kuppe in ca. 3.420 m Höhe war der Aufstieg so steil, daß wir eine kleine Blankeisfläche in Frontalzacktechnik überwinden mußten. Danach ging es zunächst eben nach O, um dann noch ein letztes mal kurz nach NW anzusteigen. Die restlichen 100 m zum Gipfel waren dann ein gemütlicher, fast ebener Spaziergang.
 
Hier oben machten wir dieser eine längere Pause zum Ausruhen und schauen. Obwohl der Himmel an diesem Tag teils mit sehr dunklen Wolken bedeckt war, regnete es glücklicherweise nicht und auch die Fernsicht war wieder hervorragend. Im SW dominierend die Weißkugel, davor das Brandenburger Haus. Dahinter die Spitzen der Sesvenna Gruppe und im Vordergrund die von dieser Seite aus sehr flache Weißsee Spitze. Im Norden unmittelbar gegenüber die Hochvernagt Spitze und etwas weiter rechts das Ziel des nächsten Tages, die Wildspitze, deren Gipfel sich jedoch leider in Wolken hüllte.
 

 
Nach einiger Zeit machten wir uns wieder an den Abstieg zu unseren Rucksack Depot am Oberen Guslar Joch. Lediglich an besagter Blankeisfläche hatte Helmar mangels Erfahrung im gehen mit Steigeisen einige Schwierigkeiten, aber wir hielten ihn am gespannten Seil und so schaffte er es schließlich auch ohne Blessuren hinunter. Am Joch waren inzwischen schon ganze "Busladungen" an Wanderern eingetroffen, so daß wir froh waren den Gipfel noch fast für uns gehabt zu haben.
 
Der Abstieg verlief nun zunächst einige größere Spalten querend steil den Guslar Ferner hinab. Hier kamen uns Einzelwanderer entgegen, die trotz der Spaltengefahr völlig ungesichert den Gletscher hinaufstiegen, leichtsinniger geht es kaum noch! Der Weg über den Gletscher wurde kurzzeitig etwas flacher um dann über eine erneute Steilstufe zum unteren, aperen Teil zu führen. Wir verließen den Gletscher bei einem Regenmesser in ca. 2.980 m Höhe.
 
Diesmal erreichten wir die Hütte ohne nennenswerten Gegenanstieg. Der Weg verlief gut markiert zunächst teils über Blockwerk, später auf der alten Seitenmoräne des Guslar Ferners um den Wandfuß der Hintergrasl Spitze herum. Nach etwa acht Stunden erreichten wir die . Zwei Stunden später regnete es noch einmal ausgiebig, was uns aber nicht störte, da wir da schon in der gemütlichen, warmen Hütte saßen. Auch hier waren die Wirtsleute nett und die Hütte urig. Lediglich der Stauraum in den Lagern war sehr gering, dafür war der Sanitärbereich großzügig und sehr sauber.
 
Die Hütte hatte 2001 ihr 100 jähriges Jubiläum und dient etwa seit Mitte des vergangenen Jahrhunderts als Stützpunkt zur systematischen Erforschung des Vernagt Ferners. Er ist sicher der am meisten untersuchte Gletscher der Alpen. Bis ins 17. Jahrhundert zurück reichen Berichte über verheerende Überschwemmungen vor allem im Venter- und Ötztal.
 
Der Grund für diese wiederholten Katastrophen war, daß sich besonders der Vernagtferner bis ins 19. Jahrhundert hinein immer wieder stark ausdehnte und dabei die Ache im Rofental abriegelte. Es bildete sich teilweise ein riesiger Eissee, "in dem haushohe Eisberge schwammen". Die Höhe dieses Gletschers und damit die Wassermenge konnten wir Tags zuvor an den über 100 m hohen ehemaligen Seitenmoränen beim Hochjoch Hospitz im Rofental erahnen. Wenn der Riegel brach und sich der aufgestaute Eissee ins Tal ergoß hatte das diese schweren Überschwemmungen zur Folge. Mehr zur Forschung am Vernagt Ferner findet Ihr im Magazin Panorama des Deutschen Alpenvereins, Ausgabe 1/2001.
 
An diesem Morgen gingen wir schon früh um fünf Uhr los. Die Temperatur bei der Hütte war zum Morgen auf 2°C gefallen und der Himmel völlig wolkenfrei, also ausgezeichnete Voraussetzungen für die geplante Besteigung der Wildspitze. Wir gingen einige Zeit auf der westlichen ehemaligen Seitenmoräne des Vernagt Ferners aufwärts. Bei einem Wegweiser in ca. 2.120 m Höhe verließen wir die Moräne und stiegen nach NO hinab zur Gletscherzunge. Diesmal konnten wir die Bäche nur mit größter Vorsicht überschreiten, da die Steine darin überwiegend mit einer Eisschicht überzogen und daher sehr glatt waren. Auf dem Gletscher angekommen legten wir die Ausrüstung an und gingen als Seilschaft weiter. Der Gletscher war noch sehr hart, also wunderbar zu gehen.
 
Nach einem kurzen Anstieg nach N erreichten wir einen flacheren Bereich wo sich unser Weg wieder nach NO in Richtung Brochkogel wandte. Wir überwanden eine weiter steile Stelle, bevor wir nach einer kurzen, etwas flacheren Stelle eine ca. 35° steile Firnflanke (in oberen Bereich noch 20 Hm Fels und rutschiges Geröll) zum Brochkogel Joch hinaufstiegen. Hier genossen wir zum ersten mal die wunderbare Aussicht vor allem nach Norden. Die Links von uns stehende Petersen Spitze wäre mit nur ca. 50 Hm Aufstieg ein leicht zu erreichender Gipfel gewesen, aber wir hatten ja größeres vor.
 

Der Weg war nun einige Zeit weniger anstrengend, denn er verlief nahezu eben unter der NW-Wand des Brochkogels entlang. Der Blick vom Plateau zwischen Brochkogel und Wildspitze auf die beiden Gipfel war einfach überwältigend. Bei der ersten Tour zur Wildspitze hatte ich davon leider nicht viel sehen können. Erst nach dem wir den N-Grat des Brochkogels passiert hatten hatte der Weg begonnen moderat in Richtung Wildspitze anzusteigen. Steiler wurde er erst an der Stelle, wo er sich mit dem von der über das Mitterkar Joch kommendem Weg vereinigt. Nun gings ca. 30 ° steil über einige große Spalten hinauf zu einer flacheren Stelle, an der wir ein letztes mal die Rucksäcke und einen Stock deponierten.
 
Der letzte Anstieg zu Wildspitze erfolgte nun auf dem bis 40° steilen, teilweise mit Blankeis durchsetztem SW-Grat der Wildspitze. Hier zeigte sich leider wieder die mangelnde Hochtouren Erfahrung einiger Kameraden, die die teils notwendige Frontalzacktechnik nicht selbsttätig einsetzten. Die letzten 20 Hm zu Gipfel verlangt noch einmal ein bißchen teils etwas ausgesetzte Ier Kletterei (ca. 5 m nur fußbreit und 20 Hm senkrecht abfallend). Auch hier gings manchmal nur sehr langsam vorwärts. Schließlich erreichten wir den schon gut besuchten nicht allzu großen Südgipfel der Wildspitze (3.770 m).
 
Für den beschwerlichen Aufstieg entschädigte dann aber die atemberaubende Aussicht dort oben. Weit entfernt im SO die Hochwilde, daneben Schalfkogel und Hintere Schwärzte. Genau im S Similaun und Fineil Spitze . Im SW am Horizont die Ortler Gruppe und dominierend davor Weißkugel und Weißsee Spitze über dem riesigen, flachen Gepatsch Ferner . Im W unmittelbar gegenüber der Vernagt Ferner und darüber der Brochkogel und die Hochvernagt Spitze. Nach Norden hin gut erkennbar der Kaunergrat mit der Watzespitze und der Geigenkamm mit der Hohen Geige.
 

 
Schon nach kurzer Zeit, auch weil es immer voller auf dem Gipfel wurde, machten wir uns wieder an den Abstieg. In dem teils sehr ausgesetzten Fels und auf dem sehr steilen, teils mit Blankeis durchsetzten Hang hatte der eine oder andere mangels Hochtourenerfahrung etwas Schwierigkeiten, weshalb wir nun sehr vorsichtig abstiegen. Wolfgang der Bergfüher passte aber gut auf uns alle auf und so erreichten wir alle wieder sicher das Rucksackdepot.
 
Wir stiegen durch die Bruchzone mit den großen Spalten hinab und gingen den Aufstiegsweg weit zurück, bis ziemlich genau nördlich unterhalb des Brochkogels. Dort erst verließen wir den Aufstiegsweg und zickzackten uns zwischen weiteren Spalten hindurch im Bogen nach NO abwärts auf das Mittelberg Joch zu. Auch hier, auf der weite, fast ebenen Fläche auf dem Taschach Ferner unterhalb des Schuchtkogels querten wir immer wieder Spalten oder umgingen sie. Drei Jahre zuvor waren wir einfach geradeaus über diese Fläche hinweg marschiert.
 
Die 70 Hm zum Mittelberg Joch hatten wir bald geschafft und konnten einen ersten Blick auf das "Sommerskigebiet" des Pitztaler Gletschers werfen. Genau genommen existierte kein Skigebiet mehr, zu sehen waren nur apere Flächen. Also hatschten wir die sulzigen Eisflächen des Mittelberg Ferners entlang dem Hauptschlepplift nach NO hinab. Am unteren Ende vor dem Grabkogel herrschte rege Bautätigkeit, es wurde gebaggert, planiert, aufgerissen und Leitungen verlegt, daß es "nur so eine Wonne war". Wir verließen diesen grausigen Ort so schnell es ging und querten den Gletscher nach W auf den Linken Fernerkogel zu. Hier begann der letzte Gegenanstieg der Tourenwoche, es ging noch einmal ca. 100 Hm schweißtreibend hinauf zur , die wir nach gut 11½ Stunden erreichten.
 
Da sich das Wetter gehalten hatte, hatten wir noch einmal wunderbare Ausblicke hinüber zur Wildspitze, aber auch zum Mittelberg Ferner. Die häßlichen Bereiche des Sommerskigebiets werden von der Braunschweiger Hütte aus glücklicherweise durch den Grabkogel verdeckt. Die Bautätigkeiten am Rettenbach Ferner waren aber nicht zu übersehen oder zu überhören. Beim Rettenbach Joch war eine riesige Wand in die Höhe gezogen worden, darauf stand ein großer Baukran und alle halbe Minute brachte eine Heli neuen Beton nach oben.
 

 
Da vor allem Thomas den Bus an der Liftstation Rettenbach Ferner um 9 Uhr erreichen wollte, gab's auch heute kein ausschlafen und wir machten uns schon um halb acht auf den Weg hinauf zum Pitztaler Jöchl. Von der Hütte aus gings ganz leicht abfallend über grobes Blockwerk nach NO hinüber zum SO Hang des Hüttengipfels und daran steil hinauf.
 
Nach dem wir schon ein gutes Stück gegangen waren kam auch der letzte Kamerad in Sicht, er hatte zunächst irrtümlich den Abstieg nach Mittelberg für den richtigen gehalten! Auf dem Sattel kurz vor den Jöchl waren wir dann aber wieder alle zusammen. Nun gings noch ein bißchen teils in leichter Ier Kletterei hinauf zum Jöchl.
 
Auf der anderen Seite mußten wir ca. 500 m weit am Gletscherrand über Blankeis und Firn hinunter, was wieder zu den bereits genannten Problemen führte, zumal wir weil die Zeit drängte auf das Anlegen der Steigeisen verzichteten. Nach einiger Zeit hatten wir es geschafft und es ging in großer Eile weiter auf einem guten Bergpfad hinab zur Liftstation.
 

 
Wie bereits am Vortag bemerkt herrschte am Rettenbach Joch rege Bautätigkeit, wir passierten die Stelle an der der Heli mit Beton beladen wurde recht nah und der Heli flog mehrere Male knatternd über uns hinweg. Genau als wir noch zwei- dreihundert Meter entfernt waren sahen wir den Bus die Straße heraufkommen. Wir legten noch einen Zahn zu und erreichten die Haltestelle zeitgleich mit dem Bus, Schwein gehabt!
 
Er fuhr uns nun kraftsparend die restlichen Höhenmeter hinab bis nach , wo bald darauf der Bus nach Zwieselstein eintraf und gut eine halbe Stunde später waren wir wieder bei unseren Fahrzeuge am Bach bei der Talherberge Zwieselstein. Das Wetter war immer noch sonnig und nach einem kurzen Einkauf im örtlichen Sparmarkt machte ich mich schweren Herzens wieder auf den Heimweg. Eine wunderbare Hochtourenwoche war damit zu Ende gegangen.