Andreas Wienekes Bergtouren Seiten
Diesmal fuhr ich mit meinem Wagen durch die Nacht. Die Strecke führte mich über den Fernpass ins Piztal, das ich am Vormittag erreichte. War das Wetter in Deutschland noch recht bedeckt, teilweise sogar regnerisch gewesen, hier herrschte fast blauer Himmel. Da das Treffen mit der Gruppe erst um 14 Uhr sein sollte konnte ich mir Zeit lassen.
 
Ich nutzte die Gelegenheit und fuhr von Mandarfen aus mit der Riffelseebahn hoch zum Bergrestaurant auf 2.300 m und spazierte hinüber zur . Hier genoß ich den Blick hinüber zu den Eisriesen der Ötztaler Alpen. An der stark besuchten Hütte blieb ich nicht lang, sondern stieg hinauf zum oberhalb der Hütte gelegenen Muttenkopf. Hier oben saß ich wie auf einem Aussichtbalkon. Der Blick reichte im Norden und Osten über den Geigerkamm und im Südwesten hinüber zur Braunschweiger Hütte. Direkt gegenüber im Süden steht eindrucksvoll der Mittagskogel und im Südwesten östlich unterhalb der Bligg Spitze das .
 

 
Nach einiger Zeit fuhr ich wieder ins Tal hinab und ging ich zum Treffpunkt in Mandarfen. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde gings los. Die Fahrzeuge wurden in Mittelberg geparkt und wir marschierten als Gruppe los. Von Mittelberg aus gings in Richtung Braunschweiger Hütte durch das Grieß. Schon nach kurzer Strecke erreichten wir den Lastenaufzug, der unsere schweren Rucksäcke komfortabel nach oben beförderte. So erleichtert machten wir uns daran die letzten 1.000 Hm zur Hütte aufzusteigen.
 
Leider zeigte sich hier ein sehr negativer Aspekt dieser Tour. Die Bergführer machten sich kaum die Mühe ein Gruppengefühl aufkommen zu lassen. Anstatt als Gruppe aufzusteigen liefen die Bergführer los, ohne sich darum zu kümmern, ob die Teilnehmer mitkamen. So gingen wir mehr oder weniger einzeln los. Dies sollte sich im laufe der Tage kaum ändern, ein richtiges Gruppengefühl kam kaum auf.
 
An Ende des Grieses steigen wir zunächst über eine kleine felsige Steilstufe hinauf zum Tal des Gletscherbaches. Er hatte wegen des warmen Wetters ziemlich viel Wasser. Der Weg wandte sich nach links und nach dem überschreiten eine kleinen Kuppe querten wir weiter hinüber nach links. Wieder überwanden eine kleine felsige Steilstufe und steigen schließlich zickzackend die restlichen Höhenmeter hinauf zur .
 
Da der Tag sehr heiß gewesen war, genoß ich gleich mehrere Spezi auf der Terrasse der Hütte. Abends erfolgte noch eine ausführliche Begrüßung durch die Bergführer und Materialausgabe. Aufgrund der vorhergesagten Wetterverhältnisse beschlossen die Bergführer die für Samstag vorgesehene Tour zur Wildspitze schon auf den nächsten Tag (Freitag) vorzuverlegen. Das Barometer fiel deutlich und am frühen Abend schneite es dann leider auch etwas.
 
Um halb fünf war Wecken und kurz nach fünf gingen wir leicht verspätet los. Das Wetter war nicht mehr so gut wie am Vortag, es hatte sich deutlich zugezogen. Von der Hütte aus ging es über einige Schneefelder abwärts und am Beginn des Gletschers banden wir uns ins Seil ein. Zunächst gingen wir nahezu eben im Bogen nach Süden über den Karlesferner hinüber zum Mittelbergferner. von einer kleinen Seitenmoräne aus ging es dann über den oberen Teil des Mittelbergferners die Skipiste hinauf. Da die Gletscherbahn Revision hatte, war außer unseren beiden Gruppen niemand auf dem Gletscher, welch ein Glück! Nach einiger Zeit erreichten wir das Mittelbergjoch (3.166 m) Und konnten die "wunderschöne" mit Schleppliften verbaute Landschaft nordöstlich von uns bewundern. Südwestlich blickten wir über den Taschachferner in Richtung Brochkogel und Wildspitze. Leider war es so sehr bewölkt, daß man die deren Gipfel nur hin und wieder sehen konnte.
 
Nach der Pause steigen wir ca. 100 Hm hinab auf den Taschachferner, und von dort aus ganz leicht steigend auf den Hinteren Brochkogel zu. Da es noch verhältnismäßig warm war wurden die Gletscher zusehends weich, was das gehen, besonders im Anstieg deutlich erschwerte und viel Kraft kostete. Über zwei kurze, steile Stücke erreichten wir ein Plateau beim Mitterkarjoch. Wir hatten es fast geschafft. Nach einer kleinen Pause und danach einer weiteren Steilstufe erreichten wir schliesslich, eine kleinere noch fast zugeschneite Spalte überschreitend, den Gipfelfuß. Da in den ersten zwei Dritteln viel Eis war, legten wir die Steigeisen an und überwanden so den letzten Teil bis zum Gipfel (3.770 m), den wir in einer akzeptablen Zeit kurz vor Elf Uhr erreichten. Nach diesem langen, anstrengenden Ansteig hatten wir leider keine schöne Aussicht, wir waren teils in den Wolken.
 
Nach einer längeren Rast machten wir uns wieder an den Abstieg. Das Wetter verschlechterte sich zusehends. Als wir wieder unten auf dem Taschachferner waren donnerte es schon drohend über dem Brunnenkarkopf. Wir stiegen zum Mittelbergjoch auf und liefen dann wieder über den Mittelbergferner hinab. Im Bereich der Fernerkogel hatte uns das schlechte Wetter endgültig erreicht und wir stapften durch den Schneeregen leicht aufwärts in Richtung der Hütte. Nach etwas über Elf Stunden waren wir wieder an der Hütte. Für eine Gruppe mit recht gemischter Kondition und bei den weichen Gletschern eine recht ordentlicher Zeit.
 
Dieser Tag stand ganz im Zeichen der Spaltenbergung. Von der Braunschweiger Hütte aus stiegen wir auf den Karlesferner ab, banden uns wieder ins Seil ein und überquerten den Ferner. Wir gingen stiegen den Hangenden Ferner etwas hinauf und suchten uns eine schöne Gletscherspalte. Das Wetter war recht durchwachsen, teils Sonne, teils unter, teils in den Wolken, aber nicht allzu kalt. Nach einigen Vorbereitungsarbeiten wie z.B. "Toten Mann" zur zentralen Sicherung graben und Sicherungsseilen legen konnte es los gehen.
 
Wir bildeten zwei Gruppen á drei Personen und der erste Freiwillige "durfte" in der Spalte verschwinden. Die anderen mußten dann die Bergung vorbereiten und schließlich den Kameraden bergen. Dabei merkten wir vor allem, wie schwierig das überwinden der Wächte am Spaltenrand ist. Auch ich mußte in die Spalte. Die Spalte, an der wir übten war ca. 20 bis 30 m tief. Es ist schon eine eigenartiges Gefühl so am Seil in seinem Sitz zu hängen. Ringsherum Eis und Schnee, unten heruntergebrochene Platten, die die weitere Tiefe der Spalte verdecken. Wasser tropft herab, es ist kalt und still.
 
Wir übten schliesslich noch die Bergung in einer Zweierseilschaft. Als ich in die Tiefe fiel, hörte mein Fall zunächst gar nicht wieder auf. Er wurde zwar hin und wieder etwas abgebremst, aber ich kam erst in ca. 20 m Tiefe auf einem kleinen Eisvorsprung zu stehen. Wie sich später zeigte, war der Bereich in dem wir übten schon ziemlich glatt, weil der Schnee dort schon ziemlich festgetreten worden war. Mein Seilpartner fand daher darauf keinen Halt mehr und rutschte immer weiter in Richtung Spalte. Wäre er nicht am zentralen "Toten Mann" gesichert gewesen, wäre er mir in die Spalte gefolgt. Im Ernstfall wäre dann ein Entkommen aus der Spalte ein echtes Problem, wenn nicht unmöglich gewesen.
 
Gegen 16 Uhr hatte uns wieder das schlechte Wetter erreicht und wir stiegen durch Schneeregen und Graupel in Richtung Karleskogel vom Gletscher ab. Wir erreichten schließlich den vom Karleskogel kommenden Weg, auf dem wir schliesslich im Schneetreiben, nach einem letzten kleinen Anstieg wieder die Braunschweiger Hütte erreichten. Die Temperatur war, wie das Barometer, deutlich gesunken und bewegte sich auf die Null-Grad Grenze zu. Der Abend brachte dann noch reichlich Schnee.
 
Dieser Tag begann mit sehr schlechtem Wetter. Der Schneefall hatte nicht aufgehört und die Hütte befand sich immer noch in den Wolken, dafür war die Temperatur aber am Morgen auf -5 Grad gesunken. Wir beschlossen bei der Hütte zu bleiben und dort an den Giebeln "Prusiken" zu üben. dabei lernten wir verschiedene Varianten, mit Prusikschnüren und "RopeMan" Seilsbremsen. Diese RopeMan sind geniale Teile. Kann ich nur empfehlen! Später machten wir neben der Hütte noch einen kleinen Wettkampf: Spaltenbergung im Akkord. Meine Gruppe gewann mit der mit Abstand besten Zeit.
 
Gegen Zwölf Uhr war der Kurs beendet und wir steigen ab. Inzwischen war hier oben schon ca. 30 cm Neuschnee gefallen und es waren keine Steigspuren mehr zu erkennen. Leider verlief sich der Bergführer prompt. Er nahm nicht den Weg, den wir hinaufgestiegen waren, sondern folgte anderen Steigspuren (sie führten vermutlich hinunter zur Zunge des Mitelbergferners) und ging daher zu weit nach Süden.
 
Nach 150 Hm Ab- und Wiederaufstieg und einer kleinen Tour durch die "Pampa" über einige Felsstufen erreichten wir nach ca. einer halben Stunde wieder die Hütte. Dort fanden wir den richtigen Weg, der tatsächlich wegen des Neuschnees kaum zu sehen war. Nun begannen wir den Abstieg erneut, diesmal auf dem richtigen Weg. Die Schneegrenze lag bei ca. 2.300 m Höhe dort unten fiselte es nur noch etwas. Dort etwa erwartete uns schon der andere Bergführer, der sich gewundert hatte, wo wir so lange geblieben waren. Nach einiger Zeit erreichten wir wieder die Seilbahnstation um unsere Rucksäcke abzuholen. Damit gingen wir dann zu unseren Wagen und so endete ein trotz schlechtem Wetter schönes verlängertes Wochenende.